Nach zwei Wochen in La Paz waren wir endlich soweit Bolivien zu erkunden. Wir hatten genug von der Kälte und entschlossen uns, Richtung Amazonas Becken zu fahren. Laut unserem Reiseführer, der allerdings schon ein paar Jahre alt ist, sind nur 5% der Straßen in Bolivien asphaltiert und zum Teil recht gefährlich. Teresa, Oscars Mutter machte sich schon vorher sehr viele Sorgen, dass ihren Guiris irgendwas passieren würde. Wir mussten versprechen, mit niemanden zu reden und keinem zu vertrauen und ich erhielt erneut das Verbot an irgendwelchen Imbissbuden zu essen. Als Oscar zum Spaß meinte, dass wir darauf achten sollten, dass der Busfahrer nicht betrunken sei, schlug Teresa entsetzt die Hände über dem Kopf zusammen und brachte ein flehentliches ‘dios mio’ (mein Gott) Richtung Himmel hervor. Überhaupt ist laut Oscars Mutter hier alles ‘muy peligroso’ (sehr gefährlich). Die beiden benutzten diese Worte so oft im Zusammenhang mit irgendwelchen Orten, dass Harry dachte, es heißt ‘sehr schön’. Daraufhin benutzte er es auch ständig und ich wiederum dachte, er will damit Oscar und Teresa ein bisschen auf die Schippe nehmen. Nach einer Woche oder so klärte sich schließlich das Missverständnis, seitdem ist alles ‘muy peligroso’, wenn nicht sogar ‘super peligroso’.
Also packten wir unsere Sachen und machten uns auf den Weg zum Busbahnhof. Die ca. 12-stündige Fahrt für die etwas mehr als 400 km kostet 80 Bolivianos, also umgerechnet ca. 10 Euro. Allerdings war die Straße aufgrund schwerer Regenfälle verschüttet, sodass der 10 Uhr Bus, den wir eigentlich nehmen wollten ausfiel und wir uns bis 14 Uhr gedulden mussten. 13:30 Uhr fing ich an, nachzufragen, wo der Bus bleibe. Der Mitarbeiter meinte, ich solle doch geduldig sein, er würde uns schon Bescheid geben. 14:10 Uhr kam er aufgeregt angerannt und meinte, jetzt geht es los. Der Bus stand schon auf der Straße, offensichtlich hatte der Ticketverkäufer auch nicht so richtig aufgepasst, aber dann den Bus zum Glück nochmal angehalten. Wir rannten los, unser Gepäck wurde auf die hinteren Sitzreihen verfrachtet, keine Zeit es unten im Laderaum unterzubringen und schon fuhren wir los. Aber wir waren nicht die letzten. Nach ca. 20 min wurden wir von einem Taxi eingeholt, dass noch einen letzten, verspäteten Passagier brachte. Als wir La Paz hinter uns ließen, zeigte sich die atemberaubende Sicht auf die Berge. Die Straße wand sich in ein steiles Tal hinab und langsam änderte sich die Vegetation, es wurde immer grüner und tropischer.
Die anfangs noch asphaltierte Straße wandelte sich bald zu einem schmalen Schotterweg. Gegenverkehr war schwierig und alle Autos zogen eine riesige Staubfahne hinter sich her.Nach ca. 16 Stunden Fahrt hatten wir die ca. 200 km nach Rurrenabaque, hier auch kurz ‘Rurre’ genannt, endlich geschafft. Uns empfingen tropische Temperaturen und die nächsten Tage verbrachten wir erstmal damit, schwitzend in der Hängematte zu liegen.
Der Blick vom Hotelzimmer: auf der einen Seite ein riesiger Bienenstock, auf der anderen grün bewachsene Hügel.
Unten der Blick auf den Fluss Beni. Jetzt, zum Ende der Trockenzeit ist der Wasserstand sehr niedrig, wenn die Regenzeit beginnt und die meisten Straßen hier vor lauter Matsch unbefahrbar werden, ist der Fluss der Haupttransportweg:
Harry auf dem Weg zum Wasserfall, der leider aufgrund der fehlenden Regenfälle eher ein kleines Rinnsal war..
In Bolivien gibt es sehr günstiges Essen. Für je 10 Bolivianos (etwas mehr als ein Euro) kann man hier Mittag und Abendbrot essen. Allerdings wird das nach einer Weile etwas eintönig, da es meist ähnliche Gerichte gibt: als Vorspeise eine Gemüse- oder Erdnusssuppe und als Hauptspeise trockener Reis mit Fleisch, etwas Salat und einer scharfen Salsa. Deshalb gab es dann zur Abwechslung ein kleines Picknick auf der Dachterrasse unseres Hostels.
Die Sonne knallt hier ganz schön, einige Mopeds hatten deshalb Sonnenschirme am Lenker befestigt.
Unten sieht man die Markthalle.
Coca Blätter gibts hier an jeder Ecke zu Kaufen.
Nachdem wir uns etwas an die Hitze gewöhnt hatten, taten wir das, was alle Touristen in Rurre machen: einen Ausflug in den Amazonas Dschungel. Insgesamt blieben wir drei Tage in einer Art Camp, drei Stunden Bootsfahrt von Rurre entfernt.
Links beim Boot ausladen, unten die ersten Eindrücke auf dem Weg zu den Unterkünften.
Unten unsere Unterkunft von innen und außen, die Wände bestanden nur aus Moskitonetzten.
Das Haupthaus liegt an einer Lagune, dort wohnt auch ein kleines Brüllaffenbaby, das (leider) schon so auf Menschen fixiert ist, dass es lieber auf Schultern als auf Bäume klettert – Bärte oder überhaupt haarige Männer sind dabei die Favoriten. Es sei wohl ein Waisenbaby, aber so ganz genau wusste keiner im Camp, woher es kam.
Außerdem wohnten im Haupthaus noch eine Vogelspinne und ein Papagei und es kam jeden morgen ein Tapir vorbei, um ein paar Frühstücksreste abzustauben. Tagsüber unternahmen wir Ausflüge durch den Dschungel oder fuhren mit dem Boot raus Piranhas angeln.
Affen sahen wir auch einige in den Bäumen herumturnen:
Mein erster Piranha-Fang. Geschmeckt hat er gut, aber ganz schön viele Gräten.
Oben eine Straße mit Blattschneiderameisen und unten sieht man, wenn man genau hinschaut, die Augen eines Caimanen.
Einen Abend waren wir gerade dabei die Ameisenstraße zu beobachten, als der Tapir plötzlich hinter uns stand. Er begleitete uns bis zu unserer Hütte und verschwand dann im Dschungel. Am nächsten Tag sahen wir ihn wieder und er hatte offensichtlich eine nächtliche Begegnung mit einem Stachelschwein gehabt…
Nach drei Tagen im Dschungel waren wir ehrlich gesagt froh, wieder in Rurre zu sein – so viel geschwitzt hatte ich selten, außerdem wurde man zu jeder Tageszeit von Moskitos aufgefressen… Nach ein paar Tagen fuhren wir wieder zurück nach La Paz. Unser Fahrer hatte es dieses Mal sehr eilig und wirkte ganz schön nervös, mit dem obligatorischen Beutel Coca-Blätter in der Fahrerkabine. Bei einer kurzen Pause fuhr er einfach los, zwei Passagiere fehlten, sie rannten neben dem Bus her und schlugen gegen die Seite, aber der Busfahrer hielt erst nach einigen Metern an, als die gesamten restlichen Passagiere anfingen zu rufen…