Nach einer Nachtfahrt mit dem Bus kamen wir ziemlich verschlafen morgens um 6 in Cusco an. Von der ehemaligen Hauptstadt der Inka ist leider nicht mehr viel übrig geblieben. Laut den spanischen Chronisten war beispielsweise der Sonnentempel in Cusco mit über 600 Goldplatten und unzähligen Edelsteinen verziert, außerdem gab es im Inneren lebensgroße Gold- und Silberstatuen von Menschen, Tieren und Pflanzen. Die Spanier haben alle Edelmetalle eingeschmolzen und den Tempel als Steinbruch genutzt, genauso verfuhren sie mit den anderen Inkatempeln. Auf den Überresten wurden unzählige Kirchen errichtet. Man kann hier noch ein paar Fundamente und Mauerreste der Inkabauten sehen, die im Gegensatz zu den spanischen Kirchen und Klöstern bisher sämtliche Erdbeben überstanden haben. Ich hätte mir lieber Inkatempel als düstere Kolonialkirchen angeschaut, aber die Inka selbst haben die Region am Ende ebenso erobert und unterworfen.
Ansonsten wimmelt es hier von Touristen und man kann keinen Schritt machen, ohne das einem etwas angeboten wird. Im Gegensatz zu den Städten, in denen wir bisher waren, wirkt das historische Zentrum von Cusco sehr aufgeräumt und an jeder Ecke steht die Touristenpolizei – vor allem weibliche Polizisten, die seien angeblich nicht so leicht zu korrumpieren…
Am nächsten Tag entschieden wir uns, den 68-km langen Salkantay-Trek nach Machu Picchu auf eigene Faust zurückzulegen. Es gibt in Cusco unzählige Tourenangebote für diesen Trek und wenn man nachfragt, ist es natürlich absolut unmöglich und schon fast lebensgefährlich die Wanderung ohne Führer zu machen, aber ehrlich gesagt, durfte man auch schon in Bolivien keine drei Schritte ohne Führer machen… Also packten wir alles zusammen und machten uns nach dem Frühstück um halb sieben auf zur Haltestelle der Collectivo-Sammeltaxis nach Mollepata. Auf dem Weg dorthin bekamen wir ständig Taxis angeboten und als ich bei einer netten Dame an ihrem Getränkestand nach dem Weg fragte, riefen die Taxifahrer, das Collectivo würde mindestens 30 Sol und die Passanten entrüsteten sich, wir sollen uns nicht hereinlegen lassen, es wären nur 15 Sol, andere riefen, nein, 20 Sol, 100 Sol, am Ende mussten sie selbst lachen..
Dort trafen wir noch einen anderen Wanderer. Ein Franzose, der hauptberuflich bei der Bergrettung in Korsika arbeitet. Er hatte eigentlich ein Ticket für den Touristenbus, der schon um 5 abfährt gekauft, aber der Bus hatte vergessen, ihn von der vereinbarten Haltestelle abzuholen. Die Touristenpolizei war auch schon wach, hatte alles mitbekommen und wollte später mit der verantwortlichen Agentur reden – wahrscheinlich ist das hier eine ihrer Hauptaufgaben.. Wir mussten warten, bis das Collectivo voll war und um sieben ging es dann los. In Mollepata selbst kann man ein Taxi bis nach Soraypampa nehmen, dem eigentlichen Ausgangspunkt der Wanderung. Die Preise bis dorthin waren allerdings absurd hoch, sodass wir das Angebot eines Taxifahrers annahmen, der uns für einen bezahlbaren Preis einige Kilometer mitnahm. Den Rest der Strecke liefen wir an der Straße entlang und dann ab Soraypampa noch ca. eine Stunde weiter, bis wir am Fuße des Bergpasses auf 4100 m Höhe zusammen mit dem Franzosen unser Lager aufschlugen. Es war unglaublich kalt und vor allem windig, selbst im Schlafsack wurde uns nicht richtig warm. Aber dafür wurden wir am nächsten Tag mit einem wunderschönen Blick auf den über 6000 m hohen Gipfel des Salkantay belohnt.
Der Franzose verabschiedete sich am Morgen von uns – im Vergleich zu ihm waren wir im Schneckentempo unterwegs, auch wenn wir trotz über 10 kg Gepäck mindestens genauso schnell und zum Teil sogar schneller als die meisten geführten Touristen ohne Gepäck waren. Aber an einen trainierten Bergretter kamen wir bei Weitem nicht ran. Er wollte die nächsten zwei Tagesetappen an einem Tag zurücklegen. Wir bummelten noch ein wenig rum und hörten auf einmal ein lautes Donnern. Erst dachten wir, es sei ein Gewitter im benachbarten Tal, dann sahen wir eine riesige Staubwolke auf dem Bergkamm und plötzlich rollten mehrere Felsbrocken ins Tal. Sie blieben einige Meter vor dem Weg liegen, auf dem die geführten Touren gerade auf dem Weg Richtung Pass unterwegs waren. Das war glücklicherweise der einzige Steinschlag, den wir auf dem Weg beobachteten. Dann machten wir uns auf den Weg und legten schnaufend die letzten steilen Meter bis zum Pass auf 4600 m Höhe zurück.
Ehrlich gesagt war es eher nicht so schön zwischen den ganzen Wandergruppen unterwegs zu sein. Zusätzlich überholten uns auch immer wieder vollbepackte Pferde, die das Gepäck und Essen der Gruppen transportierten.
Danach schlängelte sich der Weg hinab ins Tal. Der Zeltplatz, auf dem wir eigentlich bleiben wollten war verlassen und eine Sau mit ihrem Frischling hatte die Wiese zu ihrem neuen zu Hause erklärt. Also mussten wir weiter und zelteten im Tal auf einem Zeltplatz für 5 Sol (etwas mehr als ein Euro). Eine warme Dusche, allerdings aus einem Elektroerhitzer mit eher nur tröpfelnder Leistung hätten wir für den gleichen Preis bekommen. Ich hatte in einem zwei Jahre alten Blog gelesen, dass eine Stunde vom Campingplatz entfernt ein Bad mit warmen Quellen sei. Wir rochen zu diesem Zeitpunkt schon etwas überreif – das ständige schwitzen in Kombination mit etwas Regen und einem generell eher feuchten Klima hatte dazu geführt, dass irgendwie alles nass war.. In Erwartung eines warmen Bades am nächsten Tag krochen wir noch einmal nass und kalt in die Schlafsäcke. Es gewitterte und regnete die ganze Nacht und am nächsten Morgen mussten wir das Zelt mal wieder nass einpacken. Leider wurde aus dem erhofften Bad nichts – es war vor einiger Zeit von einem Erdrutsch verschüttet worden. Aber dafür wurde der Weg jetzt schöner. Der nächste Halt der geführten Truppen war per Auto erreichbar und daher gab es keine Pferdehorden mehr, die den Weg aufwühlten und das wandern darauf eher erschwerten. Wir liefen entlang eines Flusses und kreuzten immer wieder kleine Bäche und Wasserfälle.
Mhhh, wie sehr man doch ein gutes Frühstück vermisst, nach Tagen des Haferschleims:)
Nach ungefähr sechs oder sieben Stunden kamen wir in dem Dorf Playa an. Dort endet der Fußmarsch der meisten geführten Touren und es geht für sie per Auto weiter. Playa ist ziemlich heruntergekommen. Wir liefen schnell hindurch und dann weiter an der Straße entlang, bis nach einem kleinen Dörfchen der Salkantay wieder durch die Berge und über einen Pass Richtung Machu Picchu führte. Ich hatte in einem anderen Blog gelesen, dass dort oben, 10 min von einem Aussichtspunkt auf Machu Picchu der schönste Zeltplatz des ganzen Weges sein soll. Nachdem jedoch die Informationen, die wir hatten, nicht immer aktuell waren – ein von Schweinen okkupierter Zeltplatz, verschüttete heiße Quelle, waren wir gar nicht so sicher, ob dieser Zeltplatz überhaupt noch existierte. Mittlerweile waren wir schon fast acht Stunden unterwegs und der Weg ging nun steil bergauf, drei Stunden lang, von ca. 1870 m auf 2600 m Höhe. Wir entschieden uns, zum Teil auch von Sandfliegen getrieben, weiter zu gehen. Der Weg führte durch Kaffeeplantagen und man hatte einen wunderschönen Blick ins Tal. Aber wir waren einfach nur fix und fertig. Zwischendurch befürchtete ich, Harry würde seine Drohung wahr machen und einfach auf einem Stein sitzen bleiben und schlafen. Doch schließlich schafften wir es und wurden mit einem wunderschönen Blick über Machu Picchu und die umliegenden Berge belohnt, der wahrscheinlich schönste Ausblick des ganzen Weges. Leider spiegeln die Fotos nicht ganz wieder wie schön – oder vielleicht war es auch einfach dieses wunderbare Gefühl fast da zu sein. An dem Aussichtspunkt selbst waren Arbeiter damit beschäftigt, Ziegel zu brennen. Man konnte dort zelten, aber es war zugig und die Atmosphäre eher abweisend. Außerdem gab es nichts zu essen und die Arbeiter verlangten den doppelten Preis, als bisher üblich. Wir fragten, wie weit es bis zum nächsten Zeltplatz sei und sie meinten (natürlich…), sehr weit, mindestens eine Stunde. Wir überlegten hin und her und entschlossen uns, es einfach zu versuchen. Es ging steil bergab und nach wenigen Minuten erreichten wir Llactapata, gut erhaltene Inkaruinen, mit Blick auf Machu Picchu. Dort zeigte ein Hinweisschild den Weg: 10 min zum Camping. Hoffnungsfroh gingen wir weiter und kamen schließlich am wirklich schönsten Zeltplatz des ganzen Weges an. Eine große Wiese erstreckte sich am Hang mit dem gleichen atemberaubenden Blick über die Berge. Wir gingen zu einem gemütlich beleuchteten Holzhaus mit großzügiger Fensterfront und wurde an der Schwelle von einem Kanadier mit den Worten: “welcome to paradise” begrüßt. Und tatsächlich: ein sehr netter Besitzer, 5 Sol mit heißer Dusche aus Warm-Wasser-Kollektoren – noch nie fand ich eine warme Dusche so toll wie dort – und ein leckeres und reichliches Abendessen…einfach nur paradiesisch…außer uns waren noch fünf andere Wanderer da und alle saßen am Tisch, frisch geduscht und mit einem strahlenden Lächeln.
Am nächsten Tag starteten wir zur letzten Etappe. Es ging einige Stunden bergab bis zu dem Ort Hidroelectrico. Ab dort muss man an den Bahngleisen noch 11 km bis Aguas Calientes laufen, einem Ort unterhalb Machu Picchus. Man kann auch ein Zugticket kaufen, allerdings sind die Preise für die kurze Strecke ganz schön happig: ca. 80 Euro hätte es uns gekostet. Mit peruanischer Staatsbürgerschaft kostet es nur 2,50 Euro. Also laufen fast alle Touristen von außerhalb an den Gleisen entlang. Nach ca. 7 km fanden wir einen netten Campingplatz mit Feuerstelle und blieben dort. In Aguas Calientes, einem sehr touristischen Ort kauften wir die Tickets für Machu Picchu. In der Touristeninformation fragte ich außerdem, wo es hier das übliche Cena Familiar, also das peruanische Abendessen für 5 Sol gebe. Die Dame meinte, so etwas gäbe es hier nicht. Durch Zufall fanden wir im zweiten Stockwerk über dem Markt dann doch die typischen Essensstände…gute Information ist hier echt Gold wert…Ich hatte nach der Wanderung auch Lust etwas zu trinken, aber alles war extrem überteuert. In einem kleinen Laden sollte ein Wein, den wir ganz sicher bei Kaufland für zwei Euro gesehen haben 40 Sol, also etwas mehr als 10 Euro kosten. Als ich sämtliche Preise aller alkoholischer Getränke im Laden erfragt hatte und mehrfach versucht hatte, mit dem Ladenbesitzer zu feilschen, holte er schließlich eine riesige Glasflasche mit selbst gebranntem Traubenschnaps unter der Ladentheke hervor und füllte uns eine Wasserflasche voll damit für 6 Sol (ca. 1,50 Euro).
Am nächsten Tag erklommen wir die steilen Treppenstufen zum Machu Picchu. Nach zwei Stunden standen wir verschwitzt oben. Nachdem es den Tag zuvor nur geregnet hatte, erwartete uns strahlender Sonnenschein. Es war einfach nur schön im Gras zu sitzen und den wohl bekanntesten Blick auf die Inkastadt zu genießen. Das Besondere an der Stadt waren nicht nur die beeindruckenden Ruinen, sondern auch der grandiose Ausblick in die umliegenden Täler. Der Weg dorthin hat sich auf jeden Fall gelohnt!
Des war bestimmt voll anstrengend und schön und noch eine schöne Weltreise.